Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich vor einigen Jahren Ken Jebsen am Telefon hatte. Damals habe ich als Journalist über ihn recherchiert nachdem Henryk M. Broder ihn faktisch des Antisemitismus bezichtigt hatte. Es war ein surrealer Moment, denn der Mann wollte einfach nicht aufhören zu reden. Die Kollegen neben mir horchten gespannt mit. Und dann irgendwann hat Ken Jebsen aufgelegt. Oder ich. Das weiß ich nicht mehr.
Der Mann hat es, glaube ich, immer geliebt zu provozieren. Seine wilden Shows am Sonntagnachmittag auf der RBB-Jugendwelle Fritz haben ihn über Jahre hinweg ganz offensichtlich sehr erfüllt. Ein Konzept war selten zu erkennen. Was man als Hörer aber merkte: dass dieser Mann von sich geglaubt hat (und das bis heute tut), die Welt bis ins letzte Detail zu durchschauen. Und dass er es genießt, wenn er andere Leute zutexten und irritieren kann. Vielleicht würden manche Leute sagen, dass das die besten Voraussetzungen für einen Verschwörungstheoretiker sind, und für einen Demagogen.
Ken Jebsen, ein „Querdenker“?
Hätte man Ken Jebsen vor zehn Jahren gefragt, was er sei, so hätte er sich vielleicht als „Querdenker“ bezeichnet, der die dummen Menschen um sich herum aufklären will und der politisch anecken will. Ein bisschen auch, um des Aneckens Willen.
Dieser Ken Jebsen hat eine, ganz neutral gesprochen, derart interessante Laufbahn hinter sich, dass Fiction-Autoren gar nicht anders konnten, als ihn zum Thema eines Dramas zu machen, das ihn ungewollt auch ein bisschen feiert.
Es geht um den sechsteiligen, auditiv ziemlich aufgemotzten Podcast „Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?“ Gemacht haben ihn die Produktionsfirma Studio Bummens und die ARD-Sender NDR und RBB.
Und, ja, man hört es schon: Die Macher legen offensichtlich großen Wert darauf, eine junge Zielgruppe anzusprechen. Der Ich-Erzähler Khesrau Behroz nervt mit seinem Stakkato-Ton manchmal. Ansonsten ist der Podcast aber durchaus hörenswert, weil spannend erzählt und gut recherchiert.
In über drei Stunden erzählt er von den Karriereanfängen von Ken Jebsen in den Neunzigerjahren, seinem Erfolg beim RBB-Jugendsender Fritz. Nachdem der ihn rausschmeißt, scheint Jebsen langsam in Extreme abzudriften. Er selbst würde sich vermutlich als links-intellektuell bezeichnen. Mittlerweile wird er aber vom rechten politischen Lager zumindest instrumentalisiert. Jedenfalls legen das die Macher des Podcasts nahe. Eine gewisse Parallele zum Fall Eva Herman zeigt sich, die zuerst Sprecherin der ARD-„Tagesschau“ war und nach einer Art gesellschaftlicher Ächtung scheinbar ins pro-russische Lager gewechselt ist.
Ken Jebsen habe auf ihre Anfrage zum Interview nicht geantwortet, sagen die Macher von „Cui Bono“ im Podcast.
Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen? in der ARD-Mediathek hören
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