Aufmerksamkeit generieren ist natürlich auch für Radiosender Pflichtprogramm. Nun hat der große bayerische Privatsender Antenne Bayern seine den Hörern bekannte Maibaum-Klau-Aktion dieses Jahr um ein Element erweitert: die „Entführung“ des Morgenshow-Moderators Wolfgang Leikermoser.
Stunden lang nur „Last Christmas“ und den „Bacardi-Song“
Dieser wurde nämlich, so schreibt es der Sender auf seiner Website, beim versuchten Klau „leider erwischt“ – von Mitgliedern des Burschenvereins Münsing, Männern jenen Ortes also, in dem Leikermoser zugange war. Um ihn auszulösen, verlangen die Herren angeblich, dass Antenne Bayern eine ganze Morningshow lang nur zwei LIeder spielt: „Last Christmas und den Bacardi-Song“.
Was dann auch prompt so umgesetzt wird. Am Morgen des 17. April heißt es dazu auf der Website des Senders:
„Für die Freilassung Wolfgang Leikermosers wurden heute Morgen 2 Songs gespielt: Last Christmas und der Bacardi-Song.“
Ankündigung von Antenne Bayern am Vortag
Schon am Tag zuvor erklärte „Wetterfee“ Indra im Programm, dass man Moderator Leikermoser unbedingt zurück in der Morgensendung haben wolle. Man müsse sich also den „fiesen Verbrecher-Entführern beugen“, wie sie es formulierte. Auch Hörer kamen zu Wort:
Nun muss man wissen, dass derartige Aktionen im Radio natürlich nicht ganz neu sind: Im vergangenen Dezember erst hieß es in einer Meldung über den kleinen Sender baden.fm: „Moderator schließt sich im Studio ein und spielt nur noch “Last Christmas““. Das programmierte Happy-End ließ freilich nicht lange auf sich warten: „Nach 14 Wiederholungen des Titels brachte Programmchef Reyk Heyer um 8.20 Uhr, den „Last Christmas-Verrückten“ wieder zur Vernunft“, hieß es damals. Hat sich Antenne Bayern an dieser Aktion orientiert?
„Dancing Queen“ und „No Milk today“ in Endlosschleife
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang noch der Alleingang des Hamburger Radio-DJ Oliver Pscherer. Der hatte sich vor einigen Jahren ohne Absprache mit den Programmverantwortlichen ins Studio eingeschlossen – und „Dancing Queen“ und „No Milk today“ in Endlosschleife gespielt. Damit wollte er ein Zeichen setzen, wie er im vergangenen Jahr gegenüber „Spiegel Online“ sagte: „Überall dudeln dieselben Songs rauf und runter – als gäbe es nur Phil Collins, Eros Ramazotti, Anastacia, Rolling Stones. Bon Jovi gilt da schon als progressiv. Die Rotation bei kommerziellen Sendern ist unglaublich klein.“
Viel Applaus in den sozialen Netzwerken
Ein Blick in die sozialen Netzwerke genügt: Die aktuelle Aktion von Antenne Bayern scheint ihr womöglich erkläres Ziel – Aufmerksamkeit für das eigene Radioprogramm zu erregen – nicht verfehlt zu haben. Das Gros der analysierten Nutzer-Kommentare ist positiv, nur selten finden sich eher negative Untertöne wie in den hier unten gezeigten Postings:
Hat ein Hörer also keine Lust mehr auf derartiges Programm, schaltet sich Antenne Bayern in die Diskussion ein – wie auch hier:
„Die Medien“ spielen mit
Auch einige größere Nachrichtenportale verbreiten die Maibaum-Meldung, ohne sich mit ihr journalistisch näher auseinanderzusetzen. Der „Münchner Merkur“ spielt besonders bereitwillig mit: Unter der Überschrift „Leikermoser als Maibaum-Geisel“ findet sich eine ganze Geschichte zum Thema.
Antenne Bayern meldet sich nicht
Radiowatcher hat bei Antenne Bayern nachgefragt, wie man den Erfolg der Maibaum-Aktion einschätze und weshalb man sich für die Titel „Last Christmas“ und „Summer Dreaming“ entschieden habe. Während der Sender diesem Blog im Februar Fragen beantwortete, ist man hierzu diesmal offensichtlich nicht bereit.
Um neun Uhr morgens ist die Aktion nach mehreren Stunden beeindet. Moderatorin Kathie Kleff sagt, man sei bei Antenne Bayern „für jeden Spaß zu haben“ und habe „ein bisschen Radiogeschichte geschrieben“. Sie selbst sei am Morgen im Bad gestanden und dachte beim Antenne-Bayern-Hören, sie sei „im falschen Film“. Dann hat sie noch ein Bonbon für all jene, die an diesem Morgen tapfer zugehört haben: „Danke an die besten Hörer der Welt!“, sagt Kathie Kleff – und spielt den Song „Mad World“. Man muss es gehört haben:
Update, 19:04 Uhr: Kurz nach 18 Uhr hat die Antwort der Pressestelle von Antenne Bayern radiowatcher erreicht. In der Mail geht der Sender auf keine der ihm gestellten Fragen ein.