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rbb trennt sich von „KenFM“-Moderator Ken Jebsen

Nach Antisemitismusvorwürfen entlässt der rbb Moderator Ken Jebsen und setzt den verantwortlichen „Fritz“-Programmchef Stefan Warbeck gleich mit ab.
Überraschend kam sie, und recht knapp war die Meldung des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) verfasst: „Der rbb beendet die Zusammenarbeit mit „KenFM“-Moderator Ken Jebsen (45). Seit zehn Jahren hat er Sonntag für Sonntag auf Radio Fritz die unkonventionelle Nachmittagssendung moderiert. Vor zwei Wochen verschickte er eine wirre E-Mail an einen seiner Hörer, in der er den Holocaust als PR-Aktion bezeichnete. Diese wurde später vom Publizisten Henryk M. Broder auf dessen Website „Achse des Guten“ veröffentlicht.

Daraufhin hat der rbb Jebsens Sendung für einen Sonntag ausgesetzt, die Antisemitismusvorwürfe „geprüft“, anschließend „für unbegründet“ erklärt und bekanntgegeben, dass Jebsen wieder vors Mikrofon dürfe. Warum die Senderverantwortlichen nun – nach nur zwei weiteren Sendungen – doch noch die Reißleine ziehen, zeigt, wie schwer sie sich die Entscheidung gemacht heben – und wie umstritten es innerhalb des Senders war, Jebsen vor drei Wochen überhaupt noch einmal an das Mikrofon zu lassen.

rbb kritisiert „Jebsens Verhalten insgesamt“

Treibende Kraft der Entlassung war wohl rbb-Programmdirektorin Claudia Nothelle. „Der Sender hat Herrn Jebsen gegen den Vorwurf verteidigt, er sei Antisemit und Holocaust-Leugner“, ließ sie verlauten, „allerdings mussten wir feststellen, dass zahlreiche seiner Beiträge nicht den journalistischen Standards des rbb entsprachen. Daraufhin haben wir mit ihm verbindliche Vereinbarungen über die Gestaltung von „KenFM“ getroffen. Diese hat er wiederholt nicht eingehalten. Wir bedauern das und müssen auf seine Mitarbeit künftig verzichten“.

Was genau vorgefallen war, um welche Vereinbarungen es sich handelt – dazu will Pressesprecher Justus Demmer keine Angaben machen: „Wir halten uns bedeckt“, sagt er. Und: Bei der Entscheidung gehe es um „Jebsens Verhalten insgesamt“. Was jetzt folgt, ist eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung zwischen dem freien Mitarbeiter Ken Jebsen und dessen Arbeitgeber, dem RBB.

Mit Jebsen wurde auch Fritz“-Programmchef Stefan Warbeck seines Postens enthoben. Genauso wie Jebsen hatte ihm Nothelle in einem Gespräch mit der „Berliner Morgenpost“ vor zwei Wochen die dunkelgelbe Karte gezeigt: „Mein Problem ist, dass dies offenkundig einige Wochen lang geschehen konnte, ohne dass die Programmverantwortlichen eingeschritten sind – jenseits des Antisemitismus-Vorwurfs, der auf einer ganz anderen Ebene liegt. Das ist ein redaktionelles Versäumnis.“ Nun heißt es in der Pressemitteilung, Warbeck gebe seinen Posten „auf eigenen Wunsch“ auf, verbleibe aber im Unternehmen.

Jüdische Gemeinde protestierte gegen Rückkehr zur Tagesordnung

Fraglich ist, warum der rbb nach zwei Wochen seine ursprüngliche Entscheidung widerrief. Vielleicht hatte man eingesehen, wie schwer es sein wird, eine unberechenbare Person wie Jebsen an der kurzen Leine zu halten. Nothelles Anweisung, dass „die politischen Themen, die er setzt, künftig abgesprochen“ werden sollen und zudem auch noch über die Formulierungen seiner Meinungsäußerungen geredet werden müsste, erschien schon vor zwei Wochen ambitioniert. Und dass die Programmverantwortlichen Jebsen nicht mehr über den Weg trauten, ist daran abzulesen, dass die Sendung am vergangenen Sonntag nicht mehr live ausgestrahlt wurde.

Beunruhigt wird den rbb wohl auch haben, dass die Diskussion um „KenFM“ auch nach dem ersten Schuldspruch auf Bewährung nicht nachließ. So hatte sich die Jüdische Gemeinde zu Berlin vergangene Woche zu Wort gemeldet, die temporäre Aussetzung der Sendung durch die Programmdirektion als „positiv“ und Jebsens letztendliche Rückkehr ans Mikro als „verwunderlich“ bezeichnet: „In diesem Zusammenhang sollte nicht die Frage zu stellen sein, ob Herr Jebsen Antisemit ist oder nicht. Es ist die Frage zu stellen, ob nach solchen Äußerungen einfach zur Tagesordnung übergegangen werden kann“

Was am kommenden Sonntag statt Jebsens Sendung zwischen 14 und 18 Uhr auf „Fritz“ laufen wird, kann beim Sender derzeit keiner sagen. Auch das ist ein Hinweis darauf, dass die heutige Entscheidung, sich von Jebsen zu trennen, eine spontane gewesen sein dürfte.

Jebsen postet „Stellungnahmen“ auf YouTube

Ken Jebsen ging am Mittwoch nicht an sein Mobiltelefon, aber bei Facebook postete er am Abend eine knapp 30 Sekunden dauernde YouTube-Audiobotschaft mit dem Titel „Stellungnahme“. Im gewohnten Stakkato-Sprechstil sagte er:“Soeben erfahre ich aus der Presse, dass meine über 18-jährige Tätigkeit bei Radio Fritz mit sofortiger Wirkung beendet wurde.

Als Begründung wird behauptet, ich hätte mich zuletzt wiederholt nicht an verbindliche Vereinbarungen über die Gestaltung der Sendung „KenFM“ gehalten. Dieser Vorwurf wird von mir zurückgewiesen. Aufgrund laufender Verhandlungen erfolgt derzeit keine weitere Stellungnahme, Euer Ken Jebsen.“

Illustriert ist seine Audiobotschaft mit einem Foto, das die 1989 auf den Pekinger Platz des Himmlischen Friedens rollenden Panzer zeigt. Vermutlich soll es symbolisch für den Widerstand seiner Person gegen „das System“ stehen – der gute Ken als Dissident.

Diesen Text habe ich am 8.11.2011 für die „Berliner Morgenpost“ und die Onlineausgabe von „Die Welt“ geschrieben.


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