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Diskussion über die Todesstrafe – „Fritz“-Redaktion äußert sich

Am Dienstag diskutierte Fritz, das Jugendradio vom Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb), in seiner Mittags-Talk-Sendung „High Noon“ mit Jugendlichen über das Thema Todesstrafe. RADIOWATCHER hatte die Sendung hier in diesem Blog dokumentiert.

Mail im Wortlaut

Heute hat sich die Redaktion von Fritz per Kommentar unter dem Beitrag zum Thema und zu meiner Kritik geäußert, und zwar wie folgt. Weiter unten nehme ich hierzu wiederum Stellung.

Liebe Radiowatcher,

Danke, dass Ihr Fritz und den gestrigen HighNoon zum Anlass einer eigenen Diskussion nehmt. Wir sind aber irritiert, in welche Ecke ihr Fritz stellt.

Im HighNoon reden wir regelmäßig auch über “harte” Themen, dafür stand und steht Fritz. Larifari ist einfach.

In unserer Redaktion wurde das Thema als Anlass gesehen, mit den Hörern über das erstaunlich/erschreckende Ergebnis der Studie zu diskutieren. Moderatorin Stephanie Deubel hatte das im Griff, sie hat einen Rechtsgesinnten rausgekickt und bei anderen “merkwürdigen” Einstellungen dagegen gehalten. In der Tat, sie hat eingegriffen und sich im letzten Eurer Beispiele sogar deutlich von den Aussagen des Hörers distanziert.

Ob FritzHörer nun allgemein reaktionäre Jugendliche sind, ist Eure Behauptung. Auf Pauschalisierungen stehen zumindest wir Fritzen überhaupt nicht. Wir sehen unsere Hörer als jung, neugierig, offen, tolerant und mit einer Haltung. Über all diese freuen wir uns bei Fritz und ihre Meinung ist uns wichtig. Die waren auch überwiegend in der Sendung und in den begleitenden Online-Kommentaren. Ihr habt leider aus einer Stunde On Air Ausschnitte von wenigen Minuten genommen, teilweise sogar nur einen Satz oder abgeschnittene Sätze.

Wir bei Fritz verurteilen Gewalt, Ungerechtigkeit und menschenverachtendes Verhalten. Daran hat sich in den letzten 20 Jahren nichts geändert.

Viele Grüße,

Die Fritzen

Fritz (RBB)

Antwort von RADIOWATCHER

Hier nun die Antwort von RADIOWATCHER:

Liebe Fritzen,

zunächst mal danke, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt, hier Stellung zu nehmen. Das würde man sich von so manch anderem Radiosender wirklich wünschen.

Ich selbst höre, auch das sei gleich mal gesagt, Fritz gerne und oft, gerade weil Ihr anders seid als viele andere Radios, wegen der witzigen Trailer, der guten Moderatoren und der meist wirklich guten Musik.

Was nun den von mir angesprochenen „High Noon“ angeht: „In eine Ecke stellen“, wie Ihr das schreibt, wollte ich Fritz keineswegs, zumal ich nicht die Moderatorin (und damit implizit den Sender), sondern so manche Hörer kritisiert habe, die in der besprochenen Sendung angerufen haben.

Dass es Mumm braucht, solch ein Thema wie die Todesstrafe am Mittag zu diskutieren, finde ich auch. Trotzdem habe ich mich tatsächlich gefragt, ob das nun der perfekte Zeitpunkt war. Zumal im „High Noon“ ja des Öfteren leichte Themen behandelt werden, vergangene Woche etwa „Eure Tipps gegen Langeweile“ oder „Ist deutscher Gangsta Rap peinlich?“ Das ist völlig legitim und nicht abwertend gemeint. Aber man kann sich natürlich fragen, mit welcher Erwartungshaltung der durchschnittliche Hörer am Mittag Fritz einschaltet – und ob hier das Thema Todesstrafe nicht ein bisschen over the top ist.

Ihr schreibt „Ob FritzHörer nun allgemein reaktionäre Jugendliche sind, ist Eure Behauptung“. Sorry, aber das habe ich nicht behauptet, sondern als – zugegebenmaßen provokante – Frage formuliert.

Als ich mir die Sendung noch einmal in voller Länge angehört hatte, dachte ich mir, was wohl jemand denkt, der im Autoradio das Sendegebiet Berlin-Brandenburg passiert und mal kurz bei Fritz reinzappt. Das ist, zugegebenermaßen, immer ein Problem bei Radio oder Fernsehen, dass viele keine ganze Sendung hören oder sehen, sondern nur Ausschnitte. Aber ich hätte irgendwie erwartet, dass sich in der Sendung zumindest eine erkennbare Mehrheit der Personen gegen die Todesstrafe ausspricht. Das war nicht der Fall. Und das war es, was mich dann irgendwie gestört und irritiert hat.

Bei einer Diskussion auf Twitter hat eine Kollegin gefragt, ob denn eine Einordnung des Themas durch einen Experten o.Ä. erfolgt sei. Ich sagte, dass dies in Eurem Format „High Noon“ nicht üblich sei. Ich denke mal, das hätte, gerade bei einem so emotional belegten Thema wie der Todesstrafe, hier gut getan: Jemanden zu hören, der als Experte ein paar Fakten nennt. Die Moderatorin kann noch so gut sein, sie hat beide Seiten anzuhören und Dumpfbacken zu bremsen, was sie auch gut gemacht hat.

Allein das Ansprechen etwa einer themenrelevanten Geschichte, wie ich sie neulich erst im „Spiegel“ gelesen habe und in der es darum ging, dass der zum Tode Verurteilte Clayton Lockett 43 Minuten (!) auf seinen eigenen Tod warten musste, weil kein fachkundiges Personal diese unmenschliche Hinrichtung vollzog, wäre hier passend gewesen.

Nun gut. Ich bleibe dabei: Das Reden über Themen wie die Todesstrafe ist natürlich sehr wichtig, nur ein Diskurs bringt die Gesellschaft hier weiter. Einzig das Format, in das das Thema gequetscht wurde, war vielleicht etwas unpassend, das ist meine Meinung. Im „Blue Moon“ am Abend hätte ich es irgendwie besser aufgehoben gefunden. Und da hätte sich vielleicht auch einfacher die Möglichkeit ergeben, aus dem Formatkorsett auszubrechen und Experten hinzuzuziehen.

Viele Grüße zu Euch

Ekki Kern


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