Rund ein Drittel der deutschen Jurastudenten befürworten heute die Wiedereinführung der Todesstrafe. Das behauptet eine seit Ende der Achtzigerjahre regelmäßig durchgeführte Studie, die das Jugendradio Fritz vom Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb) heute zum Anlass nahm, in seiner Gesprächssendung „High Noon“ am Mittag über das Thema Todesstrafe zu sprechen.
Was soll man sagen? Die Diskussion ist zeitweise völlig ausgeartet. Zwar bemühte sich Moderatorin Stephanie Deubel, allzu eifrige Verfechter der Todesstrafe zu bremsen, was ihr aber nicht immer gelang.
Reaktionäre Jugendliche als Hörer?
Wird das sich gerne hip und liberal gebende Radioprogramm Fritz von einer Masse reaktionärer Jugendlicher gehört? Dieser Verdacht musste sich heute nach einer Stunde „Sprechstunde“ dem Hörer aufdrängen.
Immerhin: Die erste Anruferin, Anke, will von der Todesstrafe nichts wissen:
Sogleich jedoch wird es wirr bis gefährlich, denn der nächste Anrufer ist von der Sinnhaftigkeit der Todesstrafe offenbar ziemlich überzeugt:
Die Moderatorin greift ein, kann ihn aber offenbar nicht überzeugen:
Von „Rache“ und „Strafbataillonen“
Auch Christopher ist für die Wiedereinführung der Todesstrafe. Es gehe um die „Rache“ der Opfer am Täter, wie er sagt, um „Genugtuung“:
Dann wird es besonders abenteuerlich. Denn Anruferin Julia meint emotional geladen, dass die Täter etwas Schlimmeres als die Todesstrafe verdient hätten:
Der Anrufer, der zum Gespräch hinzugeschaltet wird und offenbar vorhat, emotionale Befindlichkeiten aller von Straftaten Betroffener richtig einzuordnen, fliegt aus technischen Gründen aus der Leitung. Zum Glück, kann man da nur sagen, rückt die Moderatorin die Dinge wieder einigermaßen zurecht:
Da hat sogar Julia schließlich noch ein (spätes) Einsehen:
Nicht mehr zu retten ist hingegen einer der nächsten Anrufer, der es offensichtlich für eine gute Idee halten würde, wenn „Strafbataillone“ und „Arbeitslager“ auf verurteilte Straftäter warten würden:
Was kann man nun als Hörer aus dieser Diskussion lernen? Ich zumindest war einigermaßen ratlos bis schockiert. Siegt bei so vielen Menschen die Emotionalität über den gesunden Verstand? Sogar bei Radiohörern, die in der Mittagspause einfach nur diskutieren möchten? Können so wenige Personen Strafe von Rache trennen?
Update: Die Redaktion von Fritz hat per Kommentar Stellung zu diesem Post genommen. Dieser und eine Antwort von RADIOWATCHER kann man hier lesen.
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